„Corsair“  soll 2018 auf den Markt kommen

Seit Ende 2012 gibt es in Deutschland die neu geschaffene Klasse der „leichten Luftsportgeräte“. Danach müssen motorisierte Flugzeuge einsitzig sein und dürfen ein maximales Leergewicht von 120 kg (115 kg in den USA) sowie eine maximale Abflugmasse (MTOW) von 260 kg nicht überschreiten.

Die JH Aircraft GmbH in Buxtehude entwickelt in Kooperation mit der hochschule 21 und der AMM Enterprise GmbH ein einsitziges, einmotoriges und aerodynamisch 3-Achs gesteuertes Leichtflugzeug, das diesen Vorschriften entspricht, sowie die dazugehörige Fertigungstechnologie. Zum Einsatz kommt insbesondere Kohlefaser, die sich durch wenig Gewicht und hohe Belastbarkeit auszeichnet.

Das Flugzeug wird somit sowohl für die europäischen Hauptabsatzmärkte als auch für die entsprechenden Zulassungsklassen der USA konzipiert.

„Mit den üblichen Bauweisen sind diese Klassen nur mit sehr einfachen Fluggeräten realisierbar und der Einbau leistungsstarker und zugleich zuverlässiger Triebwerke ist auf Grund der Strukturgewichte kaum möglich“, erläutert Jörg Hollmann. Seit 2013 verfolgt der erfahrene Luft- und Raumfahrtingenieur seine Idee, für die er nun eine finanzielle Förderung in Höhe von rund 374.000 EUR des Landes Niedersachsen erhalten hat.

„Es gibt bislang kein vergleichbares Produkt für den deutschen Markt, das ähnliche Flugleistungen erbringt wie sie in der Klasse der Ultraleichtflugzeuge heute üblich sind“, sagt Jörg Hollmann.

Für das offizielle Pressefoto kamen der niedersächsische Wirtschaftsminister Olaf Lies (3.v.r.), die Landtagsabgeodnete Petra Tiemann (SPD) (Bildmitte) und die Kooperationspartner zusammen (Bild: hochschule 21, JH Aircraft GmbH)

Für das offizielle Pressefoto kamen der niedersächsische Wirtschaftsminister Olaf Lies (3.v.r.), die Landtagsabgeodnete Petra Tiemann (SPD) (Bildmitte) und die Kooperationspartner zusammen

Ziel des Projekts ist die Nutzung der hohen Marktchancen für ein aerodynamisch hochwertiges und in den Flugleistungen deutlich überlegenes Flugzeug. Erste Testflüge mit dem neuen Flugzeug sind für das kommende Jahr geplant. Die ersten fertigen Modelle sollen 2018 auf den Markt kommen. Die Marktfähigkeit ist bereits positiv untersucht worden. „Wir gehen davon aus, dass die Corsair unter den Sportfliegern auf eine sehr gute Resonanz stößt. Bereits jetzt gibt es ein großes Interesse in den USA, und auch erste Anfragen liegen vor“, so Jörg Hollmann. Allein in Deutschland gibt es rund 100.000 organisierte Flugsportler.

Eine Voruntersuchung mit Leichtbaukonzept und flugmechanischer Auslegung zeigt die prinzipielle Machbarkeit.

Die wesentlichen Elemente des Vorhabens sind daher:

  • Konstruktion und Berechnung des Flugzeugs
  • Prototypenbau
  • Entwicklung der wirtschaftlichen Fertigungstechnologie
  • Erprobung und Zulassung des Flugzeugs

 

Wirtschaftlichkeit durch innovativen Formenbau

Der Formenbau ist für die Fertigung von Kleinserien ein wesentlicher Kostenfaktor, der sich in der Regel negativ im Produktpreis beziehungsweise der Wirtschaftlichkeit niederschlägt. Dazu kommt, dass durch den vielschichtigen Aufbau und die extrem hohe Fehlermöglichkeit ein sehr hohes Risiko für eine kurze beziehungsweise stark verkürzte  Lebensdauer einer Form besteht, zumal nur kleine oberflächliche Fehler durch eine Reparatur wirtschaftlich behoben werden können.

Die ultraleichte "Corsair" im Rohbau (Bild: hochschule 21, JH Aircraft GmbH)

Die ultraleichte „Corsair“ im Rohbau

„Das verlangt nach neuen innovativen Ansätzen: Wir müssen die Arbeitsgänge reduzieren und  mit einem möglichst hochfesten Material arbeiten, das ähnliche wärmetechnischen Eigenschaften wie das herzustellende Bauteil aufweist“, erläutert Prof. Dr.-Ing. Ulrich Panten, Leiter des Studiengangs Mechatronik DUAL an der hochschule 21. Die private Hochschule in Buxtehude ist einer der Kooperationspartner von JH Aircraft GmbH.

Es soll nun ein Kunststoffmaterial entwickelt und erprobt werden, um die Herstellung der Kunststoffformen um etwa 50 Prozent im Preis zu senken bei gleichzeitiger Reduzierung eines späteren Ausfall-Risikos. Dabei sind die Verarbeitung und die Rahmenbedingungen von großer Wichtigkeit. Insbesondere soll untersucht werden, inwieweit der Einsatz von Vakuum für das Aufbringen der Oberflächenschicht notwendig sein wird oder ein „Entlüften“ des Harzes vor dem Auftragen ausreicht beziehungsweise notwendig ist, um eine feine und blasenfreie Oberflächenstruktur sicherzustellen. Ähnliches gilt für die Verstärkungsmasse, die mindestens oberflächennah keinerlei Poren haben darf für eine spätere Fehlerfreiheit der Form.

Dr. Hauke Lengsfeld, Lehrbeauftragter an der hochschule 21 für die Vertiefungsrichtung Kunststoffverarbeitung im Studiengang Mechatronik DUAL und Experte für Kunststoff- und Harzsysteme, wird das Projekt federführend betreuen, begleitet von Jan Tatuszka.

Jan Tatuszka, Mechatronikstudent an der hochschule 21, prüft die Belastbarkeit der Rohrverbindungen, die mit einem Kohlefaserband umwickelt sind (Bild: hochschule 21, JH Aircraft GmbH)

Jan Tatuszka, Mechatronikstudent an der hochschule 21, prüft die Belastbarkeit der Rohrverbindungen, die mit einem Kohlefaserband umwickelt sind

Dem Mechatronikstudent  im 6. Semester kommt bei der Entwicklung des Leichtflugzeugs noch eine weitere Aufgabe zu: Er testet die Tragfähigkeit bei der Verbindung der extrem leichten Kohlefaserrohre, aus denen das Flugzeug gebaut wird. Die Rohre werden an den Verbindungspunkten mit einem Band aus in Epoxidharz getränkten Kohlfaserfäden umwickelt. Die Belastbarkeit an den Verbindungsstellen liegt bei diesem Verfahren bei rund vier Tonnen. „Die tatsächliche Belastung, die beim Fliegen auftritt, liegt bei gut 600 Kilogramm. Da ist also noch reichlich Sicherheitsreserve“, betont Jörg Hollmann.

Als zweiter Kooperationspartner ist die AMM Enterprise GmbH aus Neu Wulmstorf beteiligt. Das Unternehmen ist spezialisiert auf den Bereich Luftfahrt mit den Schwerpunkten Konstruktion, Berechnung und Dokumentation.

Marion Albers, hochschule 21                                                                                                     (m&t II/2016)

(Bilder: hochschule 21, JH Aircraft GmbH)