Am 22. Februar 2018 fand eine sehr gut besuchte Veranstaltung des Hamburger VDI Arbeitskreis Schiffbau und Schiffstechnik statt. Die Veranstaltung konnte durch die freundliche Unterstützung der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in deren Räumen an der Finkenau durchgeführt werden.

Dirk Hundt, Leiter Neubau der Reederei NSB aus Buxtehude, zuständig für Neubauten und Umbauten in der Abteilung „Newbuilding & Modification“, erklärte kurz das Unternehmen NSB und ging dann anschaulich, kurzweilig und doch ausführlich über 90 Minuten auf die Gründe für Schiffsverbreiterungen ein.
Bisher ist es üblich, Schiffe zu verlängern. Dies ist im Vergleich zu einem Neubau eine eher kostengünstige Lösung, Ladungskapazitäten zu erhöhen und das Schiff in kurzer Zeit wieder auf die Reise schicken zu können. Sehr häufig wird die Schiffsverlängerung bei Fähren durchgeführt, wie z.B. aktuell die Verlängerungen einer der TT-Line Fähren.
Zunächst einige Daten darüber, wer NSB ist. Der Name NSB steht für Niederelbe Schifffahrtsgesellschaft. NSB betreibt derzeit 96 Schiffe, davon:

  • 54 Containerschiffe
  • 8 Tanker
  • 2 Offshore Installation Vessels
  • 1 Forschungsschiff
  • aktuell befindet sich ein neuer Tanker im Bau.

 

Containerschiff MSC Geneva nach der Verbreiterung.
(Bild: ©NSB)


Warum hat sich NSB damit beschäftigt, Schiffe zu verbreitern?

Bis zur Schifffahrtskrise war die Reisegeschwindigkeit der Schiffe etwa bei 25 – 28 kn. Geschwindigkeit spielte auch bei Neubaubestellungen eine große Rolle.
Dann begann etwa 2008 die Krise und die Frachtraten purzelten bis heute in den Keller. Kosten sparen stand im Vordergrund, und eine der Maßnahmen war das „Slow Steam“. Fast alle Frachtschiffe fahren heute eher mit einer Geschwindigkeit von 13 – 15 kn, was zu einer deutlichen Reduzierung der Treibstoffkosten führte.
Ein weiteres Argument für die Verbreiterung ist eine Vorgabe der IMO (International Maritime Organisation), dass in Betrieb befindliche Schiffe alle fünf Jahre in der Effizienz verbessert werden müssen. Dazu gibt es Diagramme der IMO für jeden Schiffstyp. Mit der hier durchgeführten Verbreiterung wird die Effizienzanforderung schon heute für ein 5.000 TEU Schiff für das Jahr 2025 erreicht.
Ein ausschlaggebender weiterer Grund war die Aufhebung der Breitenbeschränkung durch den Ausbau des Panamakanals.

Von der Idee bis zur Umsetzung keine 12 Monate

Der Zeitraum von der Idee bis zum Abschluss der ersten Verbreiterung betrug neun Monate. Darin enthalten waren drei Monate für die konkrete Planung.
Die komplette Planung wurde in Buxtehude inkl. der Klassepläne durchgeführt. Die Anpassung des breiteren Schiffskörpers an den veränderten Bug und das Heck wurde bei der HSVA ausschließlich durch eine Computersimulation ermittelt.

Grün markierte Bereiche stellen vorgenommene Veränderungen am Rumpf und entstandene Containerflächen dar.
(Bild: ©NSB)

Die ersten beiden Schiffe, die verbreitert wurden, waren die MSC Emma mit einer Kapazität von 5.050 TEU und einer Länge von 300 Meter und die MSC Geneva mit 6.900 TEU und einer Länge von 275 Meter.
Der Werftaufenthalt betrug für das erste Schiff drei Monate und für das zweite Schiff zwei Monate. Alle notwendigen Teile wurden komplett vorgefertigt. Auf der Fahrt zur Werft wurde das jeweilige Schiff schon weitestgehend vorbereitet. In der Werft wurde der Bug und das Heck, der Schnitt erfolgte vor den Aufbauten, vom Schiffskörper abgetrennt.Das erste Schiff wurde von 5.050 TEU auf 6.200 erweitert. Das zweite Schiff von 6.900 TEU auf 9.700 TEU.
Die größte Herausforderung war es, die getrennten Schiffshälften stabil auseinander zu ziehen, was aber mit Sorgfalt und Improvisation perfekt funktionierte.

Einfügen der neuen Bodensektionen in die auseinander geschobenen Schiffshälften.
(Bild: ©NSB)


Das Ergebnis nach dem Umbau

Aus diversen vorangegangenen Untersuchungen konnte in der Praxis nachgewiesen werden, dass die Treibstoffkosten bei einer Verbreiterung nicht steigen. Ab etwa 18 kn würde sich die Bilanz verschlechtern, nur dass die neue Geschwindigkeit jetzt ja eher bei 13 – 15 kn liegt ergab sich eine Treibstoffreduzierung.
Nach der Verbreiterung verbrauchen die beiden Schiffe bei maximal 18 kn Fahrt etwa 5 t/Tag weniger Treibstoff (vorher 65 t/Tag). Neben einer höheren Kraftstoffeffizienz (und damit verbunden weniger Emissionen) konnten die Stellplätze für Kühlcontainer erweitert werden, es ist nun für die Schiffsstabilität weniger Ballastwasser nötig und insgesamt fährt das Schiff durch die höhere mögliche Zuladung wirtschaftlicher.

Derzeit werden in Buxtehude insgesamt vorbereitende Planungen für 15 Schiffe durchgeführt. Der Umbau wird dann zu einem wirtschaftlichen Zeitpunkt durchgeführt. Das nächste Schiff, welches gerade in Vorbereitung ist, soll durch die Verbreiterung eine Steigerung der Kapazität von 8.000 TEU auf 10.100 TEU erhalten.
Das Konzept und das Verfahren wurden von NSB zum Patent angemeldet und finden inzwischen auch Interesse anderer Reedereien.

Für eine Anfrage einer niederländischen Reederei plant man derzeit zwei Schiffe mit 5.000 TEU auf ein Schiff mit 14.000 TEU umzubauen. Vielleicht ist das ja nach Abschluss der Arbeiten wieder ein neues Thema für einen interessanten VDI-Abend des AK Schiffbau und Schiffstechnik.

Steffan Brickart / Peter Dibowski
VDI Hamburg
22.03.2018

(Titelbild: ©NSB)