Welche Chancen und Risiken wird es in der zukünftigen Gesundheitsversorgung geben.

Am 17.10.2016 lud der VDI Hamburg zum sechsten VDI-Innovationsforum in die Räume der Techniker Krankenkasse ein. Unter dem Titel „Digitale Transformation in der Gesundheitswirtschaft“ konnten sich Experten sowie Interessierte über den aktuellen Stand der Entwicklung informieren und austauschen.

Persönliche medizinische Daten gehören zu den sensibelsten Informationen unserer Zeit und werden daher besonders geschützt. Die Bedenken gegenüber der Digitalisierung in Form von Big Data und Smart Data sind allen bewusst, da sie Prozesse und Strukturen verändern werden, die man heute noch nicht (be)greifen kann. Auf der anderen Seite gibt es aber viele Chancen, wie der schnelle Austausch zwischen Patienten und Ärzten, innovative Technologien sowie Verbesserungen in der Diagnostik, bei Präventionsuntersuchungen und in der Therapie.

Dr. Harald Eifert, Vorstandsmitglied im VDI Hamburg, der als Moderator durch die Veranstaltung führte, begrüßte hochkarätige Experten, die einen ersten Einblick in die „digitale“ Welt zeigten.

Dr.-Ing. Harald Eifert bei seiner Bergrüßung. (Quelle: Caroline Lange)

Dr.-Ing. Harald Eifert bei seiner Begrüßung
(Quelle: Caroline Lange)

Als erster referierte Marcus Falke von der Gesundheitswirtschaft Hamburg GmbH über „Digitale und soziale Netzwerke für ein selbstbestimmtes Leben im Alter“. Dort ging es um das Projekt „AGQua – Aktive und Gesunde Quartiere Uhlenhorst und Rübenkamp“ in dem Hamburger Partner aus Wissenschaft, Wohnungs- und Pflegewirtschaft, Informations- und Elektroniktechnologie innovative soziale und technische Komponenten entwickeln. Aus diesen werden in den genannten Quartieren, durch ein eigenes Management koordiniert Netzwerke aus gesundheitsfördernden Dienstleistungen sowie ehrenamtlichen und nachbarschaftlichen Engagements aufgebaut, die Menschen im Alter dabei unterstützen, länger aktiv und selbstständig in der eigenen Wohnung im angestammten Quartier leben zu können.

Dr. Johannes Jacubeit, Gründer der connected-health.eu GmbH, zeigte in seinem Vortrag auf, wie die Stadt Hamburg ihre Gesundheitswirtschaft digitalisiert und was die Lösung „LifeTime“ dazu beiträgt. Mit LifeTime wird der digitale Austausch medizinischer Dokumente zwischen Ärzten und Patienten ermöglicht. In der LifeTime App speichern Patienten wichtige medizinische Informationen wie zum Beispiel Befunde, Röntgenbilder oder eigene Notizen. Diese werden bei Bedarf an den behandelnden Arzt übergeben. Für die Übertragung baut der LifeTime Hub, eine kleine Hardware für Praxen, eine lokale, verschlüsselte und datenschutzkonforme Verbindung zu dem Patienten-Smartphone auf. Vorbefunde werden also direkt digital auf dem Praxiscomputer gespeichert und neue Dokumente papierlos an die Patienten-Smartphones übergeben. Patienten behalten durch diese Lösung den Überblick über ihre gesamte medizinische Historie und haben alle medizinischen Dokumente immer dabei. Arztpraxen sparen mit LifeTime Zeit und Kosten, da Vorbefunden nicht mehr hinterher telefoniert werden muss und alle relevanten Informationen direkt vorliegen – somit wird der Grundstein für eine bessere medizinische Versorgung gelegt.
Mit LifeTime wird die digitale Transformation der Gesundheitswirtschaft vorangetrieben, derzeit sind bereits 130 Hamburger Ärzte als digitale Vorreiter an das System angeschlossen.

Dr. Johannes Jacubeit, Gründer der connected-health.eu GmbH, bei seinem Vortrag. (Quelle: Caroline Lange)

Dr. Johannes Jacubeit, Gründer der connected-health.eu GmbH, bei seinem Vortrag
(Quelle: Caroline Lange)

Zum Thema „Big Data-Herausforderungen lösen – medizinische Bildverarbeitung in der Patientenversorgung und klinische Forschung“ fasste Dr. Lothar Spies (jung diagnostics GmbH) in seinem Vortrag zusammen, dass medizinische Bildverarbeitung einen Mehrwert für Behandler und Patienten biete, allerdings ist der Datenschutz in seiner aktuellen Form eine echte Herausforderung.

Dr. Lea Vaas und Dr. Manfred Kohler, beide vom Fraunhofer IME Hamburg, berichteten aus ihren Erfahrungen von der Entwicklung und dem Betrieb eines „InfoCentre“ für die Gesundheitsforschung. Im Rahmen des von der EU geförderten Projektes TRANSLOCATION aus dem IMI Programm ND4BB leiteten sie die Entwicklung eines Datenbanksystems für die Integration von Daten aus den verschiedenen Schritten in der Medikamentenentwicklung. Die größten Schwierigkeiten bilden dabei weniger die technische Umsetzung der Datenhaushaltung als viel mehr datenwissenschaftliche Gesichtspunkte. So gebe es beispielsweise bisher kaum umfassend implementierte Konzepte um die erzeugten Daten während der Erforschung eines Wirkstoffs über den gesamten Entwicklungsprozess zu verfolgen und übergreifend auswerten zu können. Ebenso fehlten übergeordnete und geeignete einfache Konzepte um die Vergleichbarkeit von Datensätzen aus verschiedenen Quellen (Firmen, Laboren etc.) zu gewährleisten.
Parallel dazu braucht es innovative Strategien um die Daten in interdisziplinären Teams sinnvoll auswerten zu können. Es nütze beispielsweise nicht, viele Daten auszuwerten ohne einen Biologen oder Mediziner im Team zu haben, der die Ergebnisse direkt inhaltlich einordnen könne und somit Artefakte oder Fehler schnell identifizieren kann. Ein entsprechendes Konzept wird zurzeit unter der Federführung der Fraunhofer Gesellschaft in Form eines „Medical Data Spaces“ entwickelt.“

Die interessante Veranstaltung schloss Dr. Thomas Friese von Siemens Healthineers aus Erlangen mit dem Thema „Smart Data Lösungen in der Diagnostik“ ab.

Das interessierte Publikum lauschte gespannt zu. (Quelle: Caroline Lange)

Das interessierte Publikum lauschte gespannt zu
(Quelle: Caroline Lange)

Zu entscheiden, ob die digitale Transformation uns in der Zukunft weiterbringen wird, hängt von vielen Faktoren ab. Beim anschließenden Get-to­ge­ther wurde dieses Thema lebhaft diskutiert.

Caroline Lange

(Titelbild: Sergey Nivens)

(m&t III/2016)