Mehr als 4.000 Besucherinnen und Besucher nutzten am 10. November 2018 die „2. Maritime Nacht“, die vom Institut für Mathematik der Technischen Universität Hamburg zusammen mit dem Faszination Technik Klub und dem DLR_School_Lab TUHH gestaltet und organisiert wurde. In insgesamt 97 Vorträgen und an mehr als vierzig Ausstellungsständen konnte man sich über Fortschritte der maritimen Wissenschaften und der Meeres- und Schiffbautechnik breit informieren.

Eröffnet wurde die Nacht durch Prof. Wolfgang Mackens (DLR_School_Lab TUHH und VDI Hamburg), Dr. Jörg Mutschler (VDMA), Dr.-Ing. Wolfgang Sichermann (Deutsches Maritimes Zentrum), Heike Blume (Hamburg Invest, Faszination Technik Klub) und Prof. Stefan Krüger (Institut für Entwerfen von Schiffen und Schiffssicherheit der TUHH) über das gemeinsame Auslösen eines Nebelhorns.

v.li.n.re.: Prof. Wolfgang Mackens, Dr. Jörg Mutschler, Dr. Wolfgang Sichermann, Heike Blume, Prof. Stefan Krüger
(Bild: ©TUHH/C. Bittcher)

Der VDI Hamburg, der VDMA, das Deutsche Maritime Zentrum und das Maritime Cluster Norddeutschland traten als Unterstützer der Veranstaltung in Erscheinung.

Nach der mit der Weltwirtschaftskrise einhergehenden Schifffahrts- und nachgeordneter Schiffbaukrise von 2008 hat sich in der Öffentlichkeit die Meinung bis heute hartnäckig gehalten, man brauchte keine Schiffbauingenieurinnen und -ingenieure mehr. Ein Ziel der Maritimen Nacht war der Beweis, dass das glatte Gegenteil der Fall ist. Ingenieurinnen und Ingenieure sind – besonders im Schiffbau – in Deutschland absolute Mangelware.

Während der Rest der Welt das Schiffbaugeschäftsmodell des großen Umsatzes mit mehrfach aufgelegten Standardschiffen beibehalten hat, haben sich die deutschen Werften erfolgreich auf den Bau von Spezialschiffen umgestellt. Obwohl die Anzahl der gebauten Schiffe weiter zurückgegangen ist, sind aber dennoch die Umsätze im Schiffbau gestiegen; denn Spezialschiffe sind wesentlich teurer.

Hier ist fast jedes Schiff eine Neukonstruktion, und auf vielfältige neue Aufgaben zugeschnitten. Für jeden Entwurf braucht man immer wieder neu zu entwickelndes Know How und daher auch immer mehr qualifizierte Schiffbauingenieurinnen und -ingenieure. Die Fähigkeit zum Setzen von Bohrlöchern, die Installation von Offshore-Anlagen, das Verlegen von Kabeln und Rohrleitungen, die Versorgung von Tauchern, der Transport extremer Schwergüter sind alles Aufgaben für Schiffe, die nicht durch simple Standard-Konstruktionen bewältigt werden können. Es ist abzusehen, dass die anlaufende intensive Erkundung der Meere und ihrer Bewohner und Ressourcen durch Ozeanographen, Biologen und andere Naturwissenschaftler zu neuen heute noch unbekannten Aufgaben führen wird, die wieder neue Spezialschiffe erfordern.

Schiffbau ist daher ein wichtiger Aktivposten im Arbeitsmarkt der Ingenieure! Zurzeit gibt es in Deutschland ca. 20.000 Arbeitsplätze an den Werften (BMWE), die wiederum ca. 64.000 hochwertige Arbeitsplätze in der entsprechenden Zulieferindustrie (VDMA) generieren. Im Hamburger VDI haben sich über 10 Prozent der rund 6.000 Mitglieder dem maritimen Fachbereich zugeordnet. Was die enorme Bedeutung dieser Branche nicht nur für den Norden Deutschlands unterstreicht – und klar macht, wie wichtig ein Weiterführen des Studiums Schiffbauwesen an norddeutschen Hochschulen ist!

Die geschilderte große Bedeutung der Ergebnisse der Meeresforscher für die technische Entwicklung legte es bei der Planung der Maritimen Nacht nahe, diese Forschergruppe zu bitten, sich an der Veranstaltung zu beteiligen. Die Organisatoren sind stolz und glücklich darüber, dass über 20 Prozent der Vorträge durch Mitglieder renommierter Forschungsinstitute aus Leer, Bremerhaven und Bremen, Hamburg, Lübeck, Kiel, Neustrelitz und Rostock beigetragen wurden. Die Gewinnung von Energie und Rohstoffen aus den Ozeanen wird wegen der absehbaren Erschöpfung leicht zugänglicher Quellen auf dem Land und der vorhersagbaren weiteren Zunahme der Weltbevölkerung immer wichtiger werden. Die Erforschung des Einflusses des Klimawandels oder auch des Eintrags schädlicher Emissionen oder von Plastik auf die Meeresbewohner, die damit verbundene Anpassung der Generierung von Nahrung aus dem Meer, die Erhöhung des Meeresspiegels und dessen Auswirkungen in Küstenbereichen, das Abschmelzen des Polareises und das Freiwerden von Polarrouten in den fernen Osten waren Themen des Abends, und alle hatten gemein, dass für die Forschung in den Ozeanen selbst, für den Schutz der Meere und für die technische Unterstützung der genannten Aktivitäten neues schiffbau- und meerestechnischen Know How wird generiert werden müssen. Der Schiffbau lebt!

Das Gewinnen mitreißender Beitragender ist nur ein Teil der Organisation einer Veranstaltung wie der Maritimen Nacht; ein genauso fordernder Teil ist das Gewinnen von ebenso interessiertem Publikum. Dass dies gelungen ist, ist der aktiven Unterstützung sehr vieler maritim orientierter Institutionen, wie Museen, Buchhandlungen, Segelclubs und -Schulen zu verdanken, die insgesamt 20.000 Flyer verteilt haben, sowie einschlägiger Internetseiten und den Social Media. Schülerinnen und Schüler aus Delmenhorst, Eckernförde, Neumünster, Schwerin und Walsrode, Seglergruppen aus Berlin, Braunschweig und Hannover waren nur einige der weitangereisten Besucher, die dem Berichterstatter begegneten.

Zahlreiche Familien aus dem Metropolraum Hamburg waren der Einladung auch deshalb gefolgt, weil viele Angebote speziell für Kinder vorgehalten wurden. Fischdosenrennbootbau, Lego- und Papierbootkonstruktion, Spleißen von Schlüsselanhängern, Bionik-Versuche und ein Wasserbauquiz für verschiedene Altersstufen waren stark gefragt.

Viel Spaß beim Fischdosenrennbootbau. (Bild: ©TUHH/C. Bittcher)

Kinder und Erwachsene konnten außerdem bei Simulationen selbst in die Rolle von Nautikern, Schiffsingenieurinnen und -ingenieuren oder Logistikern schlüpfen oder sich an Versuchsständen selber als Forscherinnen und Forscher versuchen.

Experimentieren am Schwingungsversuchsstand. (Bild: ©TUHH/C. Bittcher)

Stände mit Waffeln, Kaffee und Kuchen, Brezeln und Würstchen ließen die Besucher nicht hungrig nach Hause gehen. Der Verkauf von weit über 1.000 Hot Dogs durch den TUHH Campus-Shop belegt, dass das Angebot dem Publikum geschmeckt hat. Getränke stellte die Fachschaft Schiffbau bereit und die Fachschaft Maschinenbau sorgte dafür, dass auch Liebhaber von Gegrilltem zufriedengestellt wurden.

Die Fachschaft Maschinenbau stellte sicher, dass Grill-Liebhaber auf ihre Kosten kamen. (Bild:©TUHH/C. Bittcher)

Die Organisatoren freuen sich, dass die erbetenen Rückmeldungen von Beitragenden und Besuchern allesamt – bis auf eine – sehr positiv waren. Dank des riesigen Interesses ist für das Jahr 2020 die „3. Maritime Nacht“ an der TUHH geplant.

Wolfgang Mackens
TUHH und VDI Hamburg
14.12.2018

(Titelbild: a.ridwan/TUHH)