VDI Forum in Hamburg diskutiert die Richtlinie VDI 7000

Hamburg hatte mit der öffentlichen Akzeptanz von Infrastrukturprojekten in den letzten Jahren nicht wirklich Glück. Wie die Öffentlichkeit aber erfolgreich in die Planung einbezogen werden kann, wurde am 14.06. auf einem Forum des VDI e.V. Landesverband Hamburg intensiv diskutiert. Für Hamburg sei das Thema, so Wirtschaftssenator Frank Horch, ein besonderes Anliegen: „Frühe Öffentlichkeitsbeteiligung ist für den Hamburger Senat wichtig, damit wir eine höhere Akzeptanz, eine Verbesserung der Planungsergebnisse und eine Entlastung der förmlichen Verfahren erreichen“. Diese Strategie könne auch „Vertrauen in eine rationale und dem Allgemeinwohl verpflichtete Planung zurückgewinnen.“

Dass ein früher Dialog bei Infrastrukturprojekten viele Vorteile bringt, muss erst noch in das Bewusstsein vieler Entscheider gehoben werden. VDI-Landesvorsitzender Axel Dreckschmidt: „Mit der Richtlinie VDI 7000 haben wir ein Konzept, das sowohl von der Verwaltung als auch von der Wirtschaft genutzt werden kann. Wir müssen hier mehr Kompetenzen aufbauen.“

v.r.n.l) Axel Dreckschmidt, Senator Frank Horch, Ralph Appel und Volker Brennecke (Bild: Roman Jupitz)

(v.r.n.l) Axel Dreckschmidt, Senator Frank Horch, Ralph Appel und Volker Brennecke (Bild: Roman Jupitz)

Die von Antje Grobe moderierte Podiumsdiskussion war auf konkrete Praxisbeispiele gerichtet, in denen frühe Öffentlichkeitsbeteiligung in Hamburg erfolgreich umgesetzt wurde. Jens-Günter Lang, Vorstand der Hamburger Hochbahn, erläuterte am Beispiel des U-Bahn-Netzausbaus, wie mögliche Konflikte bereits im Vorfeld durch kluge Beteiligung der Bürger vermieden werden können. Das städtische Verkehrsunternehmen beginne mit Ende der Machbarkeitsuntersuchung den Dialog „auf gegenseitiger Augenhöhe“. Dabei seien Bürger gleichsam als die „Experten vor Ort“ anzusehen, während die Hochbahn die Expertin für Planung und Bau sei. Für diese Rollenverteilung sei eine innere Haltung des Unternehmens und seiner Mitarbeiter erforderlich, so Lang. Insgesamt seien sie mit ihrem professionellen Stakeholdermanagement inzwischen sehr gut aufgestellt.

Der Hafen spielt für Hamburg eine besondere Rolle. Dessen Geschäftsführer Wolfgang Hurtienne berichtete über die Herausforderung, mit Schadstoffen der Elbe belastete Sedimente zu deponieren und frühzeitig die Belastung zu reduzieren. Ein zu diesem Thema durchgeführtes „Dialogforum Strombau- und Sedimentmanagement Tideelbe“ habe in 18 Sitzungen mit über 40 Interessensvertretern aus der Region letztlich einen Abschlussbericht formulieren können, der von allen Beteiligten getragen wurde. Trotz der Konzentration auf den Dialog wurde auf dem VDI Forum auch das brisante Thema der Elbvertiefung angesprochen. Hier traten schnell gegensätzliche Positionen mit dem Vorsitzenden des NABU (Naturschutzbund Deutschland) von Hamburg Alexander Porschke zutage. Nicht zuletzt durch mangelnde Dialoge in den letzten Jahrzehnten gäbe es einen jahrelangen Rechtsstreit vor Verwaltungsgerichten. Alle Beteiligten waren der Auffassung, dass solche durch „frühe Öffentlichkeitsbeteiligung“ verhindert werden müssten.

Als drittes Beispiel wurde das größte innerstädtische Bauprojekt, die Verlegung des Bahnhofs Altona und die Planung des neuen Quartiers „Mitte Altona“ vorgestellt und diskutiert. Der Oberbaudirektor von Hamburg, Jörn Walter, machte deutlich, dass im Vergleich zu ingenieurtechnischen Planungen die Stadtentwicklung schon länger Erfahrungen mit dem Ausgleich von Konflikten habe. Bei dem Projekt „Mitte Altona“ sei über Jahre hinweg viel in die Bürgerbeteiligung investiert worden. Kritisch wurde aber nachgefragt, ob so ein großer Aufwand nicht Vorhabenträger mit weniger finanziellen Mitteln abschrecke. Frühe Öffentlichkeitsbeteiligung müsse – so der Tenor ­– letztlich schlank und effektiv sein.

Insgesamt zeigten sich die weit über 100 Teilnehmer des VDI Forums sehr beeindruckt von der Dialogkultur des Abends. Anlass zum Optimismus bot auch der Ort der Veranstaltung: Die Körber-Stiftung hatte in ihr schönes Gebäude an der Spitze der Speicherstadt eingeladen. Gleich nebenan steht die Elbphilharmonie, die Anfang 2017 eröffnen wird und dann zu den umgesetzten Großprojekten in Deutschland gehören wird.

VDI Hamburg                                                                                                                               (m&t II/2016)

(Titelbild: bluedesign)